Cambodunia

Halb und Halb

Wieder einmal war die Modellsaison an unserem See durch das traditionelle „Abfahren“ beendet worden.
Und ebenso natürlich stellte sich die bekannte Frage:
Was baue ich diesen Winter?
Ein paar Tage später rief mich ein Modellbaukollege aus Kempten an und bot mir einen Rumpf und Deck für ein Modellschiff an.
Allerdings nicht irgendein Modell, sondern einen sogenannten „Golden-Era-Racer“, sprich ein klassisches Sportboot der 20er Jahre.
So ein Modell besitze ich schon, allerdings nur in 40 cm Länge, welches daher nur bedingt für den Fahrbetrieb eignet.
Nach einigem Hin und Her wurde das neue Teil also gekauft.
Eine Woche später hielt ich den Karton in meinen Händen und flugs verschwand ich in den Modellbaukeller zum Auspacken.
Zum Vorschein kam ein 92 cm langer und 20 cm breiter, schnittiger, weiss eingefärbter GfK-Rumpf (Polyester).
Mir schwebte schon immer vor, mal so ein edles Mahagoniboot zu bauen, ich scheute bisher aber immer die damit u.U. verbundenen baulichen Schwierigkeiten.
Einige Vereinskollegen hatten sich in letzter Zeit aber an die CHICKIE IV herangewagt.
(Nachbau nach dem Plan siehe Baubericht SM 11/99.)
So dachte ich mir, warum nicht einfach einen „halb und halb“ bauen?
Auf der Basis eines Fertigrumpfes dennoch ein schönes „Holz-Modell“ aufbauen?
Also wurden gleich 60 Mahagonileisten in der Stärke von 0,6 mm geordert.
Es stellte sich heraus, dass ich gut daran getan hatte, so viele Leisten zu kaufen, denn so konnte ich diese noch aussuchen und sortieren.
Die technischen Komponenten zum Betrieb des Modells waren im Schrank und Schublade schnell gefunden:
Ausgewählt wurde ein hitec-Servo fürs Ruder und ein alter Hydro Mos-45-Steller, der sehr sauber den robbe StarMax (Bühler 12 pol) ansteuert.
Rumpf und Deck wurden an den Kanten glatt geschliffen, danach plan aufeinandergesetzt und mir Sekundenkleber angeheftet.
Dann habe ich Rumpf und Deck mit Tesa-Krepp längs und quer zugeklebt.
Nun Epoxidharz mit Microballons angedickt und durch die Decksöffnung genau zwischen Rumpf und Deck gegossen.
Es empfiehlt sich auf jeden Fall, das Harz anzudicken, damit es nicht von der Klebestelle wegfliessen kann.
Als nächstes wurden Ruder, Schiffswelle und Motor eingebaut.
Als dieses erfolgreich beendet war, erhielt die Rumpf unterkante eine ABS Halbrundleisteaufgeklebt.
Genau ab dieser Kante klebte ich nun die Mahagonileisten mit Sekundenkleber von unten nach oben auf das ganze Boot.
Da ich nicht exakt irgendein spezielles Original-Boot nachbauen wollte, konnte ich meiner Kreativität bei der weiteren Ausgestaltung freien Lauf lassen.
So wurde eine Sitzgruppe angefertigt, wobei die Sitze aus Schlangen-Nappaleder bestehen sollten.
Das Cockpit mit seinem modifizierten Lego Lenkrad und diversen Armaturen wurde als Nächstes eingeklebt.
Die markanten Einstiegstrittplatten, Klampen und zwei ABS-Rundschreiben kamen als Beschläge auch noch auf das Boot.
Es folgte die Lackierung mit Boots lack, wobei fünf Schichten verdünnt
(30 %) und vier unverdünnt aufgetragen wurden, dazwischen erfolgte jeweils ein Zwischen schliff mit Nassschleifpapier.
Das Unterwasserschiff wurde weiss lackiert.

Fahrbetrieb

Mit dem fertigen Modell und geladenen Akkus ging es dann ab zum Modellteich.
Trotz seiner satten 3 kg Lebendgewicht taucht das Modell grade mal 1,5 cm tief ins Wasser ein.
Nun vorsichtig den Steuerknüppel nach vorne bewegt und der 42er-Dreiblattpropeller setze den „Golden-Era-Racer“ leise in Bewegung.
Dann Vollgas, und siehe da, das Boot hob sich fast halb aus dem Wasser.
Ich war fasziniert von dem Anblick, und erst nach 20 min ermüdeten die 12 2400er-Zellen.

Nach einer optimalen Probefahrt konnte ich stolz den Heimweg antreten.
Als Nächstes muss ich aber noch nach einer passenden Fahne und einer Fahrerfigur Ausschau halten.
Wer nun Lust bekommen hat, auf einfache Art und Weise an ein „Mahagoni-Boot“ zu kommen, sollte sich an E. B. Bahn wenden.
Das Modell hat er Cambodunia getauft, und er bietet es in zwei Grössen an:
So wie hier vorgestellt mit 92 cm Rumpf Länge und auch noch in grösser mir 125 cm Länge.

Originaltext und abgebildet in der Schiffsmodell Zeitschrift 05/2001 Seite 8 und 9.

Erbauer: J. Saremba 01/99

Ein paar Monate später baute ich für das Modell noch ein passendes Dach.

Genau 20 Jahre später, 01/2019, nach dem der „Golden-Era-Racer“ zwischenzeitlich im Ruhestand als Standmodell diente, wurde er vererbt an dem Nachkommen von J.S.
Einige Kilometer zurückgelegt von Deutschland in die Schweiz, fand die Cambodunia endlich ihren neuen Besitzer.
Nach reiflicher Überlegung hatte ich einen Umbau mit Zeitgemässen Motor, Regler sowie Akkus geplant.
Online wurden schnell die richtigen Artikel für eine Wiederinbetriebnahme gefunden.
Los ging es mit dem Ausbau des Motors und dem Regler.
Eingebaut wurde ein kräftiger Leopard LC 500 mit 2450kv Motor, dieser aber etwas runtergeregelt.
Passend dazu wurde es ein HobbyWing 120 A Regler mit Wasserkühlung eingebaut.
Betrieben wird die Cambodunia mit 2x Hacker Eco-X 2S 4500er Lipos.
Nach dem Einbau und testen der eingebauten Artikel konnte es endlich losgehen zur Probefahrt.
Ein kurzer Blick aus dem Fenster, Sonntagmittag strahlend blauer Himmel, wurde das Boot eingepackt und los ging es zum Modellteich.
Eine langsame Anfahrt, um zu schauen ob alles so läuft wie gewünscht, wurde dann mehr und mehr der Steuerknüppel Richtung Vollgas bewegt.
Das Fahr Bild ist immer noch so schön anzusehen wie beim ersten Mal.
Kurz darauf ergab sich die tolle Gelegenheit an einem Schau fahren in der Esligenalp 1800m ü. M. teilzunehmen.
Veranstaltet wurde das ganze vom Schiffsmodellbauclub Basel mit einigen Modellbau Fachhändlern in der Schweiz.
Frisch aufgeladene Akkus und auf ging es, eine Fahrt in Atemberaubender Atmosphäre.

Abgebildet in der ModellWert Zeitschrift 11/2019 Seite 26 und 27.

Zu guter Letzt wurde noch der Boots ständer erneuert.
Nach einigen Gesprächen mit dem Erbauer der Cambodunia stellte sich heraus das es sich ein Online Händler auf Moderne Boots ständer spezialisiert hatte.
Ein kurzes Telefongespräch mit C.J. und schon waren zwei seiner Boots ständer auf dem Weg.
Einige Tage später hielt ich das Paket in den Händen und es ging sofort zum Aufbau.
Als Zusatz wurde der Boots ständer noch mit wasserabweisender Grundierung eingestrichen und 48 Stunden stehen gelassen.
Fertig ist der neue Boots ständer „Teil-q“ für die Cambodunia.

Gespannt kann es wieder losgehen zur nächsten Fahrt.

Bömmel-Werft Schaufahren Waldenburg 07.05.2022

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